Nachts im Garten sitzen

 

Eins meiner Lebensthemen ist mangelnde Erdung. Fast immer bin ich übersensibel und habe das Gefühl, keine Substanz zu haben. Wenn das Erdelement nicht stark genug ist in Körper, Geist, Herz und Seele, kann dies eine Vielzahl von Symptomen zur Folge haben. Bei mir äußert es sich unter anderem über Zähne und Zahnfleisch, Verdauung und eine allgemeine Überempfindlichkeit allen äußeren Reizen gegenüber. Auch Gefühle werden viel stärker und intensiver empfunden, je weniger „Substanz“ ich habe.

Das Erwachen des Gartens

Vor ein paar Tagen habe ich ein Buch gekauft von Mary Reynolds „The Garden Awakening“ – das Erwachen des Gartens. Ich mag unseren Garten sehr und habe dort auch vieles transformieren können im Laufe der Jahre. Mir wurde jedoch bewußt, daß ich mich nicht wirklich für diesen Garten öffnen konnte. Stattdessen spüre ich seit Jahren eine starke Sehnsucht nach unberührter Natur in mir.

Mary Reynolds gibt in diesem Buch Hinweise zu den Themen, die mich zutiefst faszinieren und berühren: Wie können wir unsere Gärten heilen und zu einem Ort machen, der die Kraft unberührter Natur in sich trägt? Wie können wir in Beziehung treten mit dem Land, dessen Hüter wir sind? Wie können wir so zusammenarbeiten, daß ein Ökosystem entsteht, das sich überwiegend selbst erhält und alle Wesen im Garten einschließlich uns Menschen Kraft gibt und ernährt?

Bereiche, die eine bestimmte Absicht tragen

Nach zwei Tagen intensiver Lektüre befolgte ich den Hinweis, bestimmten Plätzen im Garten eine bestimmte Funktion, Absicht oder Botschaft zuzuteilen. Der Marillenbaum sollte der Wunschbaum werden, was ihm zunächst nicht so gut gefiel, er wollte lieber die Gebetsstätte sein. Der Holunder sollte der Platz für nächtliches im Garten sitzen sein, doch er begann sofort, mich zu heilen und zu erden. Also gestaltete ich die Funktionen der Plätze flexibel, und alle Seelen waren glücklich. Zum „Nighttime place“ – dem Nacht-Ort im Garten schreibt Mary Reynolds unter anderem: „Mach es dir gemütlich, wo es sich gut anfühlt, und verbringe so viel Zeit wie möglich in Stille. Eine Stunde ist Nahrung für die Seele, doch bereits 10 Minuten sind ein guter Anfang. Die Magie wird draußen, in der Dunkelheit, am deutlichsten sichtbar. Du wirst total in Sicherheit sein. Es ist immer hell genug, wenn deine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben. Sitze still und verbinde dich mit den Sternen, nimm die wilden Tiere wahr, die vielleicht auftauchen, die frischen Gerüche der Nacht, die vertrauten und unvertrauten Geräusche.“

Mich nachts in den Garten zu setzen

war sofort etwas, von dem ich wußte, das werde ich machen. Schon den ganzen Tag freute ich mich darauf, daß es dunkel werden würde. Ich stellte einen bequemen Campingsessel unter den Holunder und ging gegen 20.30 Uhr hinaus. Ich wickelte mich in eine Decke und sagte dem Garten, ich bin jetzt da und ganz bei dir. Der Holunderbusch begann auf der Stelle, mich zu erden und zu heilen. Kaum hatte ich es mir gemütlich gemacht, kam ein schreiender Vogel angeflogen und setzte sich hinter mich in einen Baum, dicht gefolgt vom Nachbarskater.

Der Kater ist schwarz-weiß und sehr scheu. Er ist mir noch nie näher als etwa 5 Meter gekommen, und auch das nur aus Versehen. Vor ein paar Jahren hat er einmal mit mir Kontakt aufgenommen, als er mir seine Beute zeigen wollte, und dann aus sicherer Entfernung interessiert zugeschaut, wie ich seine Beute gerettet habe. Jedenfalls war der Kater gestern näher als 5 Meter und er merkte auch erst spät, daß ich dort saß. Und erst als er an mir hinaufblickte, erkannte er, daß ich ein Mensch war und nahm seine Vorsichtshaltung ein. Dann verschwand er den Weg hinunter.

Nächtliche Besucher

Hinter mir hörte ich immer mal wieder leises rascheln im Unterholz. Ich sandte dem kleinen Tier ein Lächeln. Ich wurde immer schwerer und sank immer tiefer in mich und meinen Körper. Es war so als ob ich Wurzeln hätte und ein Teil des Gartens geworden wäre. Gedanken kamen und gingen, aber es gab keinerlei Impuls, mit der Umwelt interagieren zu müssen oder zu wollen. Ich war in einem Zustand des reinen SEINS. Nach einer Weile erhielt ich die Botschaft, ein bestimmtes Mantra innerlich zu chanten, das in die Stille führt. Im nächsten Moment erschien ein Heiliger vor mir, lächelte mich an, setzte sich auf eine schwebende Lotusblüte neben mir und meditierte mit mir. Die Energie stieg an. Und wenige Sekunden später ging über den Bewegungsmelder das Licht am für mich nicht einsehbaren Weg an. Es näherte sich definitiv ein größeres Tier.

Da ich hier schon Dachse, Marder und Füchse gesehen hatte, war ich gespannt, was mir begegnen würde. Es war der Nachbarskater, der das leise Rascheln im Laub hinter mir gehört hatte und versuchte, dieses Tier zu fangen. Ich saß reglos und schwer in meinem Sessel, tief verwurzelt, wie eine Pflanze oder ein Stein. Der Kater sprang um die Ecke, rannte an mir vorbei so daß er um ein Haar meine Beine berührte, und nahm mich überhaupt nicht wahr. Er versuchte nun, von der anderen Seite an das kleine Tier heranzukommen, was ihm aber auch nicht gelang. Als er wieder zurückging, schnupperte er im Vorbeigehen an meinem Fuß. Dann ging er weiter, und nach ein paar Schritten merkte er, daß der Geruch nicht zu dem paßte, wofür er mich hielt (ein Teil des Gartens). Er drehte sich um und sah an mir hoch. Ein Mensch! Wieder nahm er seine geduckte Haltung ein und schlich um die Ecke. Seine Instinkte waren aber stärker als das, was seine Augen sahen. Er versuchte weiterhin, das Tier zu jagen, sprang auch wieder in meine Nähe und nahm mich nicht mehr zur Kenntnis. Irgendwann machte er einen Satz durchs Efeu und verschwand.

Ich fragte den Heiligen, warum er mir das gezeigt hat.

Er lächelte und sagte nichts.

Die Botschaft, die heute kam, lautete in etwa: Wenn wir eins sind mit der Natur, fest verwurzelt in unserem Körper und der Erde, wenn wir so tief in uns sinken daß wir nicht mehr das Bedürfnis haben, mit unserer Umwelt interagieren zu müssen oder zu wollen, dann sind wir in einer tiefen Stille. In dieser Stille sind wir sicher für scheue Tiere, und uninteressant für Tiere, die möglicherweise uns schaden wollen.

Der Kater zeigte mir zweimal ganz deutlich, daß nur seine Augen ihm verrieten, daß ich ein Mensch war. All seine anderen Wahrnehmungsquellen sagten ihm, daß ich ein Teil des Gartens war.

Diese Erfahrung war so tief und so heilsam, daß ich sie hier teilen wollte. Wenn Du einen Garten hast, kann ich dir „The Garden Awakening“ von Mary Reynolds (leider nur auf Englisch) wärmstens empfehlen. Oder du suchst dir den Ort im Garten, an dem du dich am sichersten und wohlsten fühlst und setzt dich nachts für eine Weile dort hin. Mit Sicherheit gibt es einen Busch oder Baum, der sich nichts sehnlicher wünscht, als für dich da zu sein und dich zu erden. Vielleicht steht er auch in einem benachbarten Park oder Wald.

Für alle abenteuerlustigen Leser und Leserinnen, die Lust haben, diese nächtliche Gartenmeditation auszuprobieren: ich würde mich sehr freuen, wenn ihr eure Erlebnisse als Kommentar hier postet und mit uns teilt. Danke euch allen!

Ein Gedanke zu „Nachts im Garten sitzen

  • 30. April 2018 um 11:01
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    Liebe Eva Cornelia, danke dir:-)! Das klingt sehr inspirierend und heilsam für mich was da da schreibst. Schön daß du es teilst:-)!

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